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Soforthilfeprogramm „Kirchturmdenken. Sakralbauten in ländlichen Räumen: Ankerpunkte lokaler Entwicklung und Knotenpunkte überregionaler Vernetzung“
Veröffentlichung: 15.03.2023, letzte Bearbeitung: 22.03.2023
Lesezeit: 4 Minuten
Seit Jahrhunderten prägen Kirchen und Klosteranlagen das Bild ländlicher Gemeinden. Doch immer häufiger bleiben sie ungenutzt. Dabei sind sie nicht nur ein Ort religiöser Vollzüge, sondern für viele Menschen auch mit wichtigen individuellen und kollektiven Erinnerungen verbunden. Zugleich stellen die Sakralbauten mit ihren Ausstattungen und ihrem Umfeld ein bedeutsames Zeugnis europäischer Geschichte dar. Sakralbauten als Orte lebendiger Kulturvermittlung und bürgerschaftlicher Teilhabe sowie als zu bewahrende Kulturdenkmale zu stärken – darum ging es bei dem Soforthilfeprogramm „Kirchturmdenken. Sakralbauten in ländlichen Räumen: Ankerpunkte lokaler Entwicklung und Knotenpunkte überregionaler Vernetzung“.
Mit dem Förderproramm konnten auch in strukturarmen ländlichen Räumen Möglichkeiten bürgerschaftlicher Begegnung geschaffen und ein gemeinsames Nachdenken über die Zukunft des Ortes und der Region angeregt werden. „Kirchturmdenken“ steht damit nicht für Provinzialität und Begrenztheit, sondern vielmehr für bürgerschaftliches Engagement und eine aktive Nutzung der vorhandenen kulturellen Ressourcen in ländlichen Gemeinden. In zwei Förderphasen, in den Jahren 2021 und 2022, richtete sich das Programm an lokale und regionale Akteurinnen und Akteure, an öffentliche, zivilgesellschaftliche und private Träger und Trägerinnen von Sakralbauten und Klosteranlagen wie zum Beispiel Vereine, Kirchengemeinden und andere Religionsgemeinschaften, Initiativen und weitere Akteurinnen und Akteure. Unterstützt wurden Projekte in ländlichen Gemeinden mit einer Einwohnerzahl bis 20.000 Personen und einer maximalen Fördersumme von 25.000 Euro. Um aktuelle und ehemalige Kirchen, Klöster und andere Sakralbauten als Kulturorte erlebbar zu machen, unterstützte das Förderprogramm die Entwicklung neuer Ideen zur Erschließung, Vermittlung und Nutzung von (ehemaligen) Sakralbauten. Die geförderten Projekte erhielten dabei Zuwendungen für die mediale Aufbereitung und Vermittlung der Bau- und Ausstattungsgeschichte sowie für die Durchführung von Veranstaltungen der Denkmalvermittlung, der Kulturvermittlung und der kulturellen Bildung.
Insgesamt wurden bundesweit 113 Projekte umgesetzt. Sichtbar wurde eine Bandbreite unterschiedlicher Vermittlungsformate sowie ein großes zivilgesellschaftliches Engagement. Eine Vielzahl von Projekten nahm den Sakralbau als Klangraum in den Blick oder die Vernetzung zwischen unterschiedlichen Sakralbauten einer Region. Das Projekt konnte Kooperationen mit Bildungseinrichtungen (Kitas, Schule, Universitäten, Musikschulen, etc.) etablieren und stärken. Darüber hinaus entwickelten 43 Projekte digitale Anwendungen. Entstanden sind audiovisuelle Kirchenführungen, Websites, Videobeiträge, 3D-Rekonstruktionen, Online-Workshops, Apps, eine Augmented-Reality-Anwendung und digitale Vernetzungsplattformen. Die geförderten Projekte zeigen, inwiefern Öffnung, Vernetzung und Kooperation Gelingensfaktoren für den Erhalt und die zukünftige Nutzung von Sakralbauten in ländlichen Räumen sind.
Ergänzt und begleitet wurde das Soforthilfeprogramm von einer digitalen Workshop-Reihe in Kooperation mit der TU Dortmund, Seminar für Kunst und Kunstwissenschaft, in der interessierte Akteurinnen und Akteure sich mit fachlichen Kompetenzen sowie neuen methodischen Herangehensweisen an Kulturelles Erbe und dessen Vermittlung vertraut machen konnten. Im Fokus stand dabei, Sakralbauten als Orte der Kultur und als Kulturelles Erbe zu entdecken und zu reflektieren.
Gerade dort, wo es nur noch wenig Infrastruktur für gemeinschaftliche Aktivitäten gibt, konnte das Programm „Kirchturmdenken” dazu beitragen, (ehemalige) Sakralbauten für gemeinschaftliche – insbesondere kulturelle – Nutzungen zu öffnen und zugleich ihre baukulturelle Erschließung unterstützen. Aus beiden Förderphasen ist jeweils eine Publikation zur Sicherung und Reflexion der Ergebnisse des Programms entstanden. Nach der aktiven Förderung besteht ein Netzwerk an beteiligten Akteurinnen und Akteuren aus vielfältigen Kontexten, mit unterschiedlichen Motivationen und Herausforderungen in ihren jeweiligen ländlichen Regionen, das Austausch und Vernetzung sowie einen nachhaltigen Wissenstransfer aus den Einzelprojekten ermöglicht. Zudem wird ein Expertinnen und Expertennetzwerk etabliert, das Fachleute aus den Bereichen Denkmalpflege, Kunst- und Architekturwissenschaft sowie aus dem Feld der Vermittlung und der kulturellen Bildung versammelt und auf das interessierte Akteurinnen und Akteure zurückgreifen können.
„Kirchturmdenken“ wurde über das Programm “Kultur in Ländlichen Räumen” von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Die Mittel stammen aus dem Bundesprogramm „Ländliche Entwicklung“ (BULE) des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Trägerin des Programms und verantwortlich für die Umsetzung ist die gemeinnützige Wider Sense TraFo gGmbH.
Anna Wiese und Friederike Hepp (Projektmitarbeiterinnen der Wider Sense TraFo gGmbH)